vogelgedichte
amsel
eine amsel meisselt fleissig
in den weissen marmor eines
trägen tagerfüllten abends
ihre messerscharfe süsse
schwalbenflug in ihrer stimme
heiser und von reinster reine
heller kieselsteine kieseln
und ins herze sticht das messer
dass es ausfliesst in das ganze
und im singen wächst die spanne
zwischen jetzt und jetzt im raume
zwischen vers und vers der strophe
krähe
Die krähe wirft ihr grelles krah
flugs aufgeschreckt vom hohen baum
hinüber durch den stillen raum
das kommt von weit das ist schon nah
wer höher will muss tiefer schauen
wer tiefer will durchmisst die sphären
wer denkt und denkt mit flügelschlägen
der kann auch in die höhe fallen
die krähe mahnt mit spitzen schreien
die worte messen aus den bann
doch wovon man nicht sprechen kann
darüber soll man schweigen
eule
majestätisch spreizt die schwingen
das phantom in tintenschwarzer nacht
umarmt die luft schmetterlingshaft
mit flügelschlägen die nicht schallen
ihre messerscharfen augen sichten
lange schon die ahnungslose maus
die sich wagte auf die grosse bühne raus
blind dafür dass zwei scheinwerfer sie belichten
in diesen glücksmoment in einem viel zu kurzen leben
fährt der todesengel seine krallen aus
zu spät erkennt den existentiellen ernst die maus
zu spät befeuern fluchtinstinkt die nerven
der grosse schatten ist nun über ihr da hilft kein fliehen
das kleine tier huscht noch einen meter weiter
die eule packt die beute schon sekunden später
ein dünnes quieken schallt sonst ist nichts zu hören
falke
falkenaug durchspäht die sphären
ruhend auf der goldnen kugel
jederzeit bereit der flügel
die entfaltung zu gewähren
eine kraft durchströmt die adern
eines lebens stiller jubel
hinter dessen weitem himmel
wesenhaft die sinne lagern
und der blitz durchzuckt das wesen
ein spitzer schrei erhellt den raum
seine schwingen kräftig schlagend
hebt er ab als pfeil zu zielen
wie er fliegt man fasst es kaum
die leichtigkeit ist überragend
schwalben
o wie wild die schwalben tanzen mit dem grossen sommer
diese bumerange treuen wiederkommer
die auf sommers heissem atem gleiten
und durch seinen königsblauen mantel sticken
ihr geschicke ists dass sie dabei die mücken
rührig jagen und nach ihnen picken müssen
während sie mit kindlichem verzücken
jeder noch so schweren schwerkraft spotten
o wie die befrackten kerlchen trillern
dass die trägen lüfte schaudernd zittern
und dazu mit expressiven flügelschlägen
kalligraphisch in die blaue stunde schreiben
hiernach nun die sonnenblumen ihre köpfe strecken
um im tiefen blauen buch zu lesen
was die flatterwesen von den weiten reisen
für geschichten zu berichten wissen
störche
zur sonne kreisen
gedankenstriche in spiralen
werden dünner
bis sie ganz verschwinden
der rest ist schweigen
© alle Rechte bei Lukas Gerber